Dienstag, 16. Februar 2010

46

Im Gegensatz zu Jan, den die Schläge zu einem so genannten Gut-Menschen mutieren ließen, der jedes Zwielichtige negiert und indirekt agieren muss, wurden für mich Vaters Schläge, die ich bei weitem nicht in dem Ausmaß wie Jan erhielt, zu etwas, das anstachelte und anspornte. Wenn mich nicht die Angst überkommt, bin ich deshalb fähig, das Anstacheln und Anspornen weiter zu geben. Ist die Angst da, ramme ich mir den Stachel und den Sporn ins eigene Fleisch, um mich auszuhalten und um weiterzumachen. So wie mir Vater das rote Klistier in mein Fleisch stieß, damit ich nicht alles in mir behalte. Verstockt werde, wie er sagte. Verstockter Saubub. Er sagte: Verstockter Knecht. Zu Astrid: Verstockte Magd. Ohne Stachel und Sporn wurde ich, wenn die Angst da war, wie eine Pflanze ohne Licht. Denn das macht die Angst aus mir: Einen Heliotropen in totaler Dunkelheit. In totaler Abgeschottetheit. In der Einsamkeit des Nichts. Lange versuchte ich daraus eine Tugend zu machen und eine Art Nachtschattengewächs zu werden. Aber was war das für ein trüber Ersatz zu dem, was möglich war. Was für eine Kümmernis im Vergleich zu den Blüten, die ich treiben kann. Der Frucht, die zu tragen mir möglich ist. Wo ist der Sturm, der meinen Samen verstreuen könnte. Einst verstreuen wird. Frau Kommissarin, ihr anatomistischer Heliotrop, ihr heliotropischer Anatom ist noch nicht am Ende, auch wenn das Gedächtnis nicht mehr so will und die Fantasie wild ins Kraut schießt. Ja, ins Kraut schießt.


Die Kost der Nadelspitzen 46 © 2010 Klaus Peter Buchheit ( E-Mail )

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